Inklusionsprojekt mit Gehörlosen
Das Virus mit den Händen verstehen & Inklusion sichtbar machen. Wenn Informationen nicht gehört werden können, dann müssen sie eben gesehen werden! Wie das funktioniert? Mit der Gebärdensprache!
Vorgeschichte:
Eine der größten Herausforderungen gehörloser Menschen ist der stetige Informationsmangel. Dieser wird in Krisenzeiten – wie sie wir zurzeit erfahren – drastisch ersichtlich.
Über das Radio können gehörlose Menschen keine Informationen aufnehmen. Was bleibt, sind diverse Nachrichtensendungen im Fernsehen. Aber auch hier gibt es keine Untertitel und kaum gedolmetschte Sequenzen in Gebärdensprache. Wer glaubt, dass das Lippenlesen eine gute Alternative in dieser prekären Situation darstellt, der sollte wissen, dass nur 30% des Gesagten von den Lippen abgelesen werden kann. Davon abgesehen ist der persönliche Kontakt und die Nähe zur sprechenden Person essenziell.
Auch das Lesen von Zeitungsartikeln stellt in gewisser Hinsicht eine Schwierigkeit dar. Aufgrund der großen Unterschiede in Grammatik und Satzstellung zwischen deutscher Schriftsprache und Gebärdensprache fällt es vielen schwer, die geschriebenen Inhalte richtig zu erfassen. Die langen deutschen Schachtelsätze mit vielen Fremdwörtern führen mehr zur Verwirrung, als dass sie Licht ins Dunkel bringen. Der Mangel an Information geht mit Angstgefühlen bei den betroffenen Gruppen einher.
Vor diesem Hintergrund hat sich die Beratungsstelle des Landeszentrums für Hörgeschädigte (LZH) in Dornbirn ein besonderes Inklusionsprojekt ausgedacht.
Projekt:
Nach dem Motto „Information schützt vor Panik“ bereiten die Sozialarbeiterinnen und der Gehörlosen-Ombudsmann gemeinsam mit ihren gehörlosen Klient*innen Videos in Österreichischer Gebärdensprache zum Thema Corona auf.
Was bedeutet „Quarantäne“? Was ist eine „Risikogruppe“? “Wie verwende ich Schutzmaske und Schutzhandschuhe richtig?“
Die Ideen zu den Videos liefern die Gehörlosen selbst. Kaum entdecken sie eine Neuigkeit im Internet oder in der Zeitung, kontaktieren sie die Sozialarbeiterin mittels Videocall und diskutieren in Gebärdensprache über eine bestmögliche Umsetzung der Informationen.
Ein Benefit in jeglicher Hinsicht!
Zum einen finden viele Menschen, die momentan keine Arbeit haben und zu Hause einsam sind, eine Beschäftigung. Zum anderen ist eine wertschätzende Zusammenarbeit zwischen Hörenden und Gehörlosen entstanden. Während sich die Gehörlosen mit der Materie intensiv beschäftigen, um ein gut verständliches Gebärdenvideo zu erstellen, lernen die Sozialarbeiter*innen täglich neue Gebärden. Ein Unterschied zwischen Fachkraft und Klient*in ist lange nicht mehr zu erkennen. Es ist mehr ein gegenseitiger Austausch von kreativen Ideen auf Augenhöhe mit dem gemeinsamen Ziel, Information für alle zugänglich zu machen.
Wir haben euer Interesse geweckt?
Dann taucht in die Welt der Gebärdensprache ein:
Corona-Gebärden-Videos
Übrigens für Hörende auch ganz interessant!